Offener Brief zum Projekt „Feriendorf Hog Barg“ in Godern
Sehr geehrter Herr Glaser, sehr geehrte Gemeindevertreter/innen,
wir wenden uns an Sie in einem offenen Brief stellvertretend für viele besorgte
Einwohner unserer Gemeinde.
Die erst vor Kurzem bekannt gewordene Planung zur Errichtung eines Feriendorfes
in unserer Gemeinde (mit einer erheblichen Bettenanzahl) hat zu Unruhe und auch
grotesken Gerüchten unter den Einwohnern geführt und gibt Anlass zur berechtigten
Sorge um die Zukunft unseres l(i)ebenswerten Ortes.
Die Verwirklichung des geplanten Feriendorfes wäre mit einem gravierenden Eingriff
in die Lebensverhältnisse in unserer Gemeinde verbunden. Zudem beeinträchtigt der
durch die bisherige Verfahrensweise entstandene Eindruck, dass eine
Grundsatzentscheidung zu diesem Großprojekt ohne ausreichende Beteiligung der
Einwohner getroffen werden soll, das Vertrauen der Bürger in ihre
Gemeindevertretung immens. Eine Entscheidung ohne ausreichende vorherige
Information und Anhörung der Einwohner ist zudem entschieden zurückzuweisen.
Es ist in einer Demokratie das Recht und auch die Aufgabe der Bürger im Rahmen
ihrer Teilhabe an den gemeindlichen Belangen, ihre Vertreter zu kontrollieren, mit
ihnen zu diskutieren und sich über Beschwerden, Petitionen, Bürgerbegehren und
Bürgeranträge einzubringen. Diese Aufgabe können sie jedoch nur wahrnehmen,
wenn sie hinreichend informiert werden und das Öffentlichkeitsprinzip für
Gemeindevertretersitzungen beachtet wird. Ohne Information und die Möglichkeit für
jeden Bürger, Gehör zu finden, gibt es keine wirkliche Teilhabe.
Eine Beschneidung des Rechtes der Bürger auf Teilhabe kann keinesfalls mit den
gegenwärtig bestehenden Kontaktbeschränkungen aufgrund der Pandemie
gerechtfertigt werden. Das verbietet bereits der erhebliche Einfluss, den das geplante
Feriendorf im Fall seiner Verwirklichung auf das Leben in unserer Gemeinde haben
würde. Erst recht kann die Einschränkung unseres Rechtes auf Teilhabe als
Einwohner dieser Gemeinde nicht damit begründet werden, der Investor dränge auf
Eile und wolle sich eine ausführliche Unterrichtung der Einwohner vor dem
Aufstellungsbeschluss „nicht antun“. An der Zulässigkeit einer solchen
Vorgehensweise bestehen erhebliche rechtliche Bedenken.
Wir sehen einen Verstoß gegen das Öffentlichkeitsprinzip darin, dass Sie bisher nur
in nichtöffentlicher Sitzung getagt haben und den Einwohnern erst nach einem
Aufstellungsbeschluss die bis dahin vorenthaltenen Informationen durch den Investor
bekannt geben lassen wollen. Denn Gegenstand Ihrer Beratungen ist nicht lediglich
ein Grundstücksgeschäft, sondern eben auch eine wesentliche Strukturänderung, die
mit erheblichen Auswirkungen und Kostenrisiken für die Gemeinde und ihre
Einwohner verbunden ist. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die betroffene
Fläche nicht als Sondergebiet für ein Feriendorf im Flächennutzungsplan
ausgewiesen ist. Bei dieser Sachlage ist ein berechtigtes Interesse des Investors an
einem Ausschluss der Öffentlichkeit nicht erkennbar.
Wir dürfen zudem voraussetzen, dass Ihnen bekannt ist, dass die
Gemeindevertretung durch diesen Aufstellungsbeschluss ihre Absicht zum Ausdruck
bringt, die Planungen des Investors durch eine flankierende Bauleitplanung der
Gemeinde begleiten zu wollen. Diese zieht in jedem Fall Kosten für die Gemeinde
nach sich. Im Übrigen folgt daraus, dass die Möglichkeit der Teilhabe der Bürger
zumindest zeitlich sehr beschränkt ist.
Wir fordern Sie daher auf, keinen Aufstellungsbeschluss zu dem geplanten
Feriendorf ohne eine vorherige Bürgerversammlung zu fassen, an der alle
interessierten Einwohner teilnehmen und sich einbringen können und der
Investor die Einwohner ausführlich über sein geplantes Projekt zu unterrichten
hat. Das Interesse des Investors an einer schnellen Entscheidung muss hinter
dem Recht der Bürger an umfassender Information und Anhörung
zurückstehen. Verzögerungen durch die Pandemie hat der Investor
hinzunehmen.
Für uns zeichnet sich zudem aufgrund der vorliegenden Informationen bereits jetzt
ein Gesamtbild ab, das einen Gewinn nur für wenige Beteiligte erwarten lässt, aber
mit unwiederbringlichen Verlusten für die Allgemeinheit verbunden sein wird. Das
Bauvorhaben kann daher - auch unter Verweis auf die Gründe für das Scheitern der
bisher auf der betroffenen Fläche geplanten Projekte und die auf unserer Website
nachzulesenden Argumente – nicht befürwortet werden. Wir sehen darüber hinaus
eine bestehende Gefahr einer nachträglichen Erweiterung des Bauvorhabens bis auf
das ursprünglich von dem Investor vorgesehene Ausmaß (d. h. 15 weitere Häuser auf
dem Flurstück 511).
Für Irritation sorgt im Weiteren die jüngst erfolgte Veröffentlichung auf der Homepage
der „Aktiven Wählergemeinschaft“ zu Fragen im Zusammenhang mit dem geplanten
Feriendorf. In Anbetracht des wirtschaftlichen Interesses ihres Mitglieds und
Ortsvorstehers als Eigentümer der Flurstücke 504 und 511 am Ausgang des
Verfahrens, wäre an dieser Stelle Zurückhaltung angebracht. Das neben
Halbwahrheiten aus der Stellungnahme ersichtliche Wunschdenken sowie
unrealistische Erwartungen dürfen nicht Grundlage Ihrer Entscheidungsfindung sein.
Wir gehen allerdings davon aus, dass die Darstellungen der „Aktiven
Wählergemeinschaft“ nicht die Auffassung der gesamten Gemeindevertretung
widerspiegeln.
Gegenseitiges Vertrauen und Transparenz Ihres Handelns ist für ein konstruktives
gemeinsames Gestalten der Zukunft unserer Gemeinde von zentraler Bedeutung.
Wir setzen daher darauf, dass auch Sie als unsere Gemeindevertreter an einem
sachdienlichen Dialog mit den von Ihnen vertretenen Einwohnern interessiert sind und
Ihre Entscheidung in dieser Sache erst nach einer möglichen Bürgerversammlung
treffen werden.
Dann können wir und Sie die Feiertage auch sorgenfreier dazu nutzen, Kraft zu
schöpfen, um die kommenden schwierigen Monate mit der Pandemie zu meistern.
Gern lassen wir Ihnen in Vorbereitung auf eine Bürgerversammlung unsere und uns
zugegangene Fragen und Hinweise schriftlich zukommen.
Wir verbleiben mit freundlichen Grüßen
die Mitglieder der Bürgerinitiative am „HOG BARG“ und ihre Unterstützer
Offener Brief als PDF zum Download: KLICK